Ida geht wieder zur Schule
Zwei miteinander verwobene Geschichten erzählen von der elfjährigen Ida Kurzbach, die seit August wieder in die Schule gehen darf und von Mika Sörensen, der möglicherweise einem Mann aus den USA das Leben gerettet hat. Vor genau einem Jahr berichteten wir über das Schicksal der kleinen Ida, die an Leukämie erkrankte. Damals befürchteten die Ärzte, eine Stammzellenspende sei nötig, um Ida heilen zu können. Das rief sofort Familie, Freunde und Gemeinde auf den Plan, die in kürzester Zeit eine Typisierungsaktion organisierten. Eine überwältigende Welle der Hilfsbereitschaft war die Folge: Rund 5000 Menschen kamen, und über 2500 Personen im Alter zwischen 17 und 55 Jahren konnten registriert werden. Unter ihnen Mika Sörensen aus Handewitt mit seiner Fußballmannschaft, der SG Nordau. „Wir haben uns als Team gesagt, dass wir auf jeden Fall mitmachen“, erzählt er. Die Speichelprobe abzugeben, war unkompliziert, aber im Juni schrieb ihm die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS), dass er in der engeren Auswahl für einen potenziellen Empfänger ist. „Ich bekam ein Paket mit Ampullen, der Hausarzt nahm das Blut ab und eine Woche später war klar, dass mein Blut geeignet ist“, sagt der 20-Jährige.
Nach einigem Hin und Her fuhr er zur Voruntersuchung in die Berliner Charité. Es dauerte noch bis November, bis es ernst wurde: „Fünf Tage vorher bekam ich täglich Spritzen, die die Stammzellen anreichern sollen.“ Über die Nebenwirkungen wie Gliederschmerzen und Fieber war er vorher aufgeklärt worden: „Die DKMS hat sich super um alles gekümmert.“ Vier Stunden dauerte die Prozedur: Ein Schlauch im linken Arm, einer im rechten Arm, und schon konnten bei dieser peripheren Entnahme die Stammzellen herausgefiltert werden, die für einen Patienten in den USA gedacht waren. Mika Sörensen, der gerade als Student sein Praktikum an der Schule in Schafflund macht, strahlt: „Es war wirklich nicht schlimm.“ Pamela Kölbl, DKMS-Organisatorin der Typisierung, erinnert sich: „Die Aktion war außergewöhnlich mit einer extrem hohen Anteilnahme. Es ist schön, so viel Menschlichkeit erleben zu können.“
Voller Dankbarkeit sind Sandra und Marcel Kurzbach, deren Tochter Ida auch ohne Stammzellenspende auf einem guten Weg ist: „Wir haben im letzten Jahr so viel Rückhalt und Unterstützung erfahren.“ Ein schweres Jahr liegt hinter ihnen, doch Ida will gar nicht unbedingt darüber reden. Sie kommt gerade aus der Schule und begrüßt den Familienhund „Lilly“. Während ihrer Krankheit sind ihre Lehrer aus der Dänischen Schule täglich für eine Stunde zu ihr ins Haus gekommen, wann immer es ihr Gesundheitszustand erlaubte. „Ida ist ehrgeizig und hat, wenn sie konnte, zu Hause gelernt“, sagt ihr Vater, deshalb müsse sie das Schuljahr nicht wiederholen. Sie trägt eine hübsche Kurzhaarfrisur, denn seit Juni wachsen ihre Haare wieder – und wieder mit Naturwelle. „Ich hätte gerne glatte Haare gehabt“, meint Ida, die weiß, dass sich die Haare nach der Krebserkrankung manchmal verändern. Ihr neuestes Hobby sind witzige, kurze Tanz-Videos, die sie von sich selbst dreht und an ihre Freundinnen verschickt. Und Freundinnen hat sie reichlich, davon zeugen große Fotos in ihrem Zimmer und ein Regal voller Geschenke mit guten Wünschen.
„In der familiären Atmosphäre der Kinderonkologie in Kiel bekommt Ida eine optimale Betreuung, dafür sind wir sehr dankbar“, sagen die Eltern. Bis ins Frühjahr musste Ida fünf Blöcke Chemotherapie über sich ergehen lassen, teilweise mit extremen Nebenwirkungen. Aber Ida kämpft tapfer. Anderthalb Jahre dauert die gesamte Therapie, nach wie vor muss sie täglich eine Tablette nehmen und regelmäßig in die Klinik. Im Juni 2019 ist es endlich vorbei. Für die Sommerferien danach wünscht sich Ida: „Ich möchte nach Mallorca fliegen, weil es dort so schöne warme Strände gibt.“ Bisher reiste die Familie mit allen Kindern in den Ferien mit dem Bus, aber nun soll Idas Herzenswunsch erfüllt werden.
Weihnachten ist ja die Zeit der Wünsche, und in diesem Jahr kann die ganze Familie entspannter miteinander feiern: Vater, Mutter, vier eigene und vier Pflegekinder. Auf Idas Wunschzettel stehen konkret eine Polaroid-Kamera und ein weiteres Stockwerk für ihre Playmobil-Villa. Und die Eltern? „Wir möchten uns gern bei allen bedanken. Marcel Kurzbachs Arbeitgeber Danisco aus Niebüll half uns von Anfang an mit hundertprozentiger Unterstützung.“ Die Eltern, Familie und Freunde hätten sich um die anderen Kinder gekümmert, Essen gekocht und ihnen immer beigestanden. Noch ist nicht alles überstanden: „Nach fünf Jahren kann man erst sagen, Ida ist geheilt, aber bis dahin machen wir das Beste daraus.“
Text - SHZ Helga Böwadt
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