Die Retter der alten Mühle
Ein Fest für das neue Wasserrad „Als wir 1986 mit zehn Mitgliedern unseren Verein gründeten, um die alte Wassermühle zu erhalten, entdeckten wir anderthalb Mühlsteine in einer ehemaligen Schuttkuhle unter der Erde – ein wahrer Schatz“, berichtet der damalige Vorsitzende Uwe Martensen. Damals gab es kein Wasserrad mehr, und im Gebäude waren die „Eingeweide“ verschwunden. Der neu gegründete Verein stand vor einem Riesenberg an Arbeit. Doch die Mitglieder waren voller Enthusiasmus dabei und überstanden die folgenden, zum Teil dramatischen Jahre.
Horst Petersen, Vorsitzender von 1995 bis 2014, berichtet von großen Erfolgen: „Das erste Wasserrad bezahlte größtenteils das Landesamt für Denkmalpflege, und der damalige Ministerpräsisdent Uwe Barschel schrieb uns persönlich einen Brief mit der Zusage über weitere 5000 DM.“ So wurde 1988 Einweihung gefeiert. Und ein Jahr später gab es schon wieder ein Fest: In Eigenleistung hatte der Verein die Giebelwand neu verkleidet und eine Überdachung für das Wasserrad bauen lassen.
Doch es gab auch Rückschläge: „Das Rad war als oberschlächtiges Wasserrad konzipiert und eignete sich mit seinen geschlossenen Wassertaschen nicht zur Stromerzeugung.“ Nach zwei Jahren brach auch noch die runde Achse durch. „Es war ein Drama“, erinnert sich Petersen. „Aber dann wurde die Achse von unserem Vereinsmitglied Wolfgang Hubberten neu berechnet – und sie sitzt heute noch.“
Nun sollte die Mühle Strom erzeugen. Für den Generator und weitere Technik lieh sich der Verein 1995 bei seinen Mitgliedern 60 000 DM. Dann ging es daran, Wasser zu stauen, um einen guten Zufluss zur Mühle zu gewährleisten. Und wieder gab es Schwierigkeiten. „Einzelne Landwirte meinten, ihre Wiesen würden zu nass“, berichtet Uwe Martensen. Auch der Wasser- und Bodenverband war nicht einverstanden, denn als 1961 die Mühle stillgelegt wurde, waren die Staurechte abgetreten worden. Die Rettung kam mit Johannes Bobb – der „Seele des Mühlenvereins“.
Grüner Strom für den Eigenbedarf Er baute 1998 das Rad zu einem sogenannten Zuppingerrad um und schaute täglich mehrmals nach, ob alles funktioniert. Für den im Januar verstorbenen „Hannes“ war die Wassermühle sein Lebenswerk. Er war stolz, dass es nun endlich mit der Stromerzeugung klappte – und nach dem Bau einer Sohlengleite sogar ohne Wasser zu stauen. Abnehmer des „grünen Stroms“ sind heute Silke und Jan Jürgensen. Sie hatten schon 1993 damit begonnen, den Wohntrakt ihres über 200 Jahre alten historischen Gebäudes Stück für Stück zu renovieren. Balken wurden freigelegt, Heizung und Fenster erneuert. Jetzt bezahlen sie für den Strom, der im Mühlentrakt ihres Hauses erzeugt wird. „Unseren finanziellen Vorteil stecken wir dann wieder in das Mühlengebäude. Wir sitzen ja in einem Boot“, sagt Uwe Martensen, der den Vorsitz von seinem rührigen Vorgänger Ketel Nissen übernommen hat; inzwischen allerdings unter dem Dach des Bürgervereins. Der Betrieb läuft reibungslos – Grund genug, nun ein Mühlenfest zu planen. Am 10. Juni wollen die Wassermüller kräftig mit „Schafflunder Mühlensekt“ anstoßen.
S paziert man über das Kopfsteinpflaster zur Schafflunder Wassermühle, spürt man unter den Füßen Geschichte, die bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht. Hans Petersen aus Kiel hat die „Geschichte der Mühlen zwischen Eider und Königsau“ erforscht und zusammengetragen (erschienen 1988 im Wachholtz Verlag). Er berichtet, die Schafflunder Wassermühle sei 1477 vom Schleswiger Domkapitel mit dem Nordhackstedter Hof erworben worden, dazu eine Reihe verstreuter Besitzungen unter dem Namen „Vogtei Hackstedt“.
In seinen Aufzeichnungen finden sich die Namen sämtlicher Wassermüller – von „Gottborch Moller zu Schafling“, der wohl eher Gottburg Clausen hieß und 1603 starb, bis zu Johannes Mau, der die Wassermühle noch bis 1961 aktiv betrieb. Auch vier Frauen sind darunter, die die Mühle ihres Mannes weiterführten oder sie erbten.
Petersen dokumentiert das Auf und Ab der Mühle: Kriegszeiten, Wiederaufbau, Schicksalsschläge oder Rechtsstreitigkeiten um den Mühlenzwang. Bis 1853 sei strikt festgelegt worden, wer in welcher Mühle mahlen lassen musste – obwohl teilweise weite Distanzen und schlechte Wege zu überwinden waren. Bei Verstößen gegen dieses Gebot seien Geldstrafen fällig gewesen.
Begibt man sich heute auf Spurensuche, entdeckt man in der Nordhackstedter Kirche eine goldene Inschrift an der Kanzel, die besagt, dass „der selige Andreas Kaspersen Kühl“ diese als „kunsterfahrener Möller“ im Jahre 1713 stiftete. Er und seine Nachfahren hatten es also zu Wohlstand gebracht. Eine weitere Spur führt in die „Brautkammer von 1760“, die das Städtische Museum Flensburg beherbergt. Schon im ersten Museumsführer von 1903 ist dort „vom Reichtum und Geschmack der Besitzer“ die Rede.
Während über Jahrhunderte hinweg die Nachfolge der Mühle durch Erbpacht geregelt war, kam es 1935 zum Verkauf. Der gebürtige Nordhackstedter Hermann Carstensen berichtet: „Mein Vater war bei der Auktion dabei. Alle waren da – das gehörte einfach dazu.“ Damals hatte Peter Thaysen die Mühle 35 Jahre lang geführt, aber „sein Sohn fiel im Krieg“. Thaysen verkaufte. Als neuer Besitzer baute Johannes Mau gemeinsam mit seiner Frau Margarete das Wohnhaus um. Tochter Sophie berichtet: „Das Gebäude war ursprünglich in Längsrichtung geteilt. Durch die neue Querteilung wurden die Stuben verändert.“ In dieser Zeit verkleinerte sich auch der ehemals drei Hektar große Mühlenteich. Ältere Schafflunder erinnern sich noch gut, wie sie als Kinder dort badeten und im Winter Schlittschuh liefen.
1999 erwarb die Gemeinde Schafflund die Mühlenscheune, unter anderem für die Sozialstation. Bis heute ragt dort zwischen Mühlenhaus und Mühlenscheune, inmitten des alten Kopfsteinpflasters, eine stattliche Eiche empor – ein geschichtsträchtiges Ensemble mitten in Schafflund.
Text - SHZ Helga Böwadt