Viele Ideen für „Traumdorf“ Schafflund
Fast 70 Jugendliche der Gemeinschaftsschule beteiligen sich an dem Projekt „Politik vor Ort“ und treffen sich mit Experten
Wie man sich aktiv an der Gestaltung seiner Gemeinde beteiligen kann, erlebten die Neuntklässler der Gemeinschaftsschule Schafflund in einer kompakten Woche unter dem Titel „Politik vor Ort“ – ein Projekt, dessen Erfolgsgeschichte bereits vor zehn Jahren begann.
Als „Bürgermeister“ eröffnete Jamal Ogara die erste Gemeindevertretersitzung und verpflichtete alle 13 Mitglieder per Handschlag. Das gelang ihm souverän, war er doch tags zuvor beim Besuch des Kreistags in Schleswig von Kreispräsident Ulrich Brüggemeier persönlich in die Aufgabe des Sitzungsleiters eingewiesen worden und durfte danach sowohl dessen Platz als auch dessen Funktion einnehmen.
Doch bis es soweit war, mussten sich die Schüler mit dem Prozedere demokratischer Prozesse befassen – und erkennen, dass der Weg zu einer Entscheidung langwierig sein kann, weil Beteiligung Zeit braucht. „Aber es macht Spaß und es war hammercool in Schleswig beim Kreistag“, meinte Luca Diehl. „Man fühlt sich wichtig, wenn man sich selbst einbringen kann.“ Für den 16-Jährigen ist ehrenamtliches Engagement schon eine Selbstverständlichkeit, gehört er doch seit über fünf Jahren der Jugendfeuerwehr in Lindewitt an.
Die meisten Schüler ohne Vorerfahrungen
Auf Vorerfahrungen konnten allerdings nicht viele der 68 Schüler aufbauen, deshalb wurden sie in kleinen Schritten in der Schule in Gruppenarbeit vorbereitet: Auseinandersetzung mit den Programmen der verschiedenen Parteien, eigene Meinungsbildung, Erstellen und Präsentieren eines Wahlplakats, Aufstellung von Kandidaten und deren Vorstellung. In handlungsorientierten Planspielen wurden die Wahlen unter den Augen von Christina Schössler durchgeführt, die als Lehrerin für politische Bildung das gesamte Projekt organisiert hatte.
Doch zurück zur Sitzung der neu gewählten Gemeindevertreter, die sich in ihrer konstituierenden Sitzung mit dem aktuellen Thema „Zukunftsorientiertes Wohnen in Schafflund“ zu befassen hatten. Grundlage war das reale Ergebnisprotokoll eines Beteiligungsworkshops zu diesem Themenkomplex, stattgefunden vor einiger Zeit mit Bürgern im „Utspann“. „Wir könnten uns gut die grüne Wiese hinter dem Neubaugebiet als Treffpunkt vorstellen“, meinte die Gruppe um Luca, Calvin und John. Dort dürfte wegen der Windkraftanlagen ohnehin nicht gebaut werden. „Eine Grillhütte, Platz für Fußball und Frisbee und ein Gemeinschaftsraum hätten dort Platz.“ Außerdem könnten sie sich die Gründung eines Football-Vereins samt Cheerleader gut vorstellen, als Kooperation mehrerer Vereine auf Amtsebene.
Andere Gruppen, die ihre Ergebnisse dem Plenum vorstellten, sahen in ihrem „Traumdorf“ ein modernes Wohngebiet mit gutem Internet und kostenlosem Glasfaseranschluss, konnten sich sogar Hochhäuser am Rand mit Tiefgaragen vorstellen, eine Idee, die durchaus kontrovers diskutiert wurde. „Auf keinen Fall Stadtvillen oder mehr als zweigeschossig, das passt nicht ins Dorf“, wurde entgegnet, ansonsten könne jeder bauen, wie er wolle.
Einigkeit herrschte dagegen bei dem Wunsch, einen kleinen Bäcker und einen Kiosk in einem Neubaugebiet anzusiedeln, „damit Kinder auch allein dorthin gehen können.“ Jamal Ogara war zufrieden mit seinem neuen Team, bezog sogar das Plenum in die Debatte mit ein: „Ich bedanke mich für spannende Ideen und die gute Präsentation der Fraktionen.“
Erwachsene standen Rede und Antwort
Beeindruckt von der Ernsthaftigkeit der Neuntklässler zeigte sich auch Hedwig Hübner: „Die sind total engagiert und voll im Stoff.“ Sie gehörte als Schafflunder Gemeindevertreterin zusammen mit der Landtagsabgeordneten Sybilla Nitsch vom SSW und Leon Bossen, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Robert Habeck, zu den Politikern, die den Schülern Rede und Antwort standen.
Ein Rundgang durch das Neubaugebiet und Exkursionen zum Amt, zum Kreistag und zum Landtag in Kiel rundeten die intensive Projektwoche ab.
Quelle - SHZ Helga Böwadt